Hohe Schule des Klavierspiels mit Amir Katz
Die pianistische Meisterschaft von Amir Katz ist international absolut unstrittig. Dennoch ist der israelische Klaviervirtuose auch bekannt für fast schon irrwitzige Konzertprojekte mit quasi enzyklopädischem Anspruch – Torturen, wie sie heute kaum noch einer auf sich nimmt. Und dass er solche Mammutprojekte scheinbar mit einer charmanten Mühelosigkeit stemmt, macht den Mann so einzigartig und sympathisch. Dass Amir Katz am Donnerstag im Mendelssohnsaal des Gewandhauses Frédéric Chopins Etüden op. 10 und op. 25 komplett spielte und mit Johann Sebastian Bachs Englischer Suite sowie es Moll-Präludium und dis-Moll-Fuge aus dem ersten Teil des Wohltemperierten Klaviers garnierte, reiht sich bestens ein in die Linie solcher Projekte. Wer nicht kam, verpasste einen der herausragenden Kammermusikabende dieses Jahres. Katz spiel einen brillanten und durchdachten Chopin auf technisch außerordentlichem Niveau, bestätigt sich als Klangmaler auf den Tasten und das mit einer Selbstverständlichkeit, dass selbst für den absoluten Kenner ein völlig neuer Chopin entsteht – das mag auch mit der Geschlossenheit seiner Gestaltung zu tun haben. Genial sucht der Musiker Verbindungen zwischen den Sätzen und Kompositionen – schafft einen perfekten Übergang zwischen Bachscher-Fuge und erster Etüde Opus 25, macht aus der Stückesammlung ein Konzertepos, in dem er ganz genau weiß, wo sich der Faden weiterspinnen, wo der dramaturgische Bruch betonen lässt. Die ganz hohe Schule des Klavierspiels ist das.