Beethoven für Kenner und Genießer
Der Israelischer Pianist überzeigte in der kleinen Laeiszhalle
Hamburg. Als ebenso kluger wie feinsinniger und uneitler Interpret präsentierte sich der Pianist Amir Katz bei seinem Gastspiel am Sonnabend im kleinen Saal der Laeiszhalle. Beethovens Sonaten der Jahre 1814 bis 1818 hatte Katz aufs Programm gesetzt; und dank der Gestaltungskraft des israelischen Pianisten wurde in der chronologischen Abfolge der Sonaten 27, 28 und 29 Beethovens Entwicklungsweg hin zur kontrapunktischen Schreibweise und der monumentalen Fuge am Ende von Opus 106 fühlbar.
So wartete Katz bis zum Finale der „Kleinen Hammerklaviersonate“ Opus 101, bis er sich erstmals ein dreifaches Forte gestattete und öffnete mit dieser klug platzierten Dynamikspitze die Szene für den grandiosen Auftakt der „Großen Hammerklaviersonate“ im zweiten Teil. Katz‘ eigentliche Domäne aber scheint das Lyrische zu sein; der zweite, „sehr singbar“ vorzutragende Satz von Opus 90 jedenfalls war ein Juwel erlesener Anschlagskunst und delikater Rubati. Auch für die zahllosen anderen Charaktere in Beethovens Sonatenkosmos fand Katz ein überzeugendes Tempo und einen stimmigen Ton. Ins Noten-Getümmel der „Großen Hammerklaviersonate“ stürzte er sich mit flottem Tempo und beherztem Zugriff. Allenfalls im etwas steif geratenen Scherzo merkte man ihm den Respekt vor diesem Achttausender der Klavierliteratur an. Verglichen mit der grotesk verlangsamten Version, die Grigory Sokolov vor wenigen Wochen im großen Saal der Laeiszhalle zum Besten gegeben hatte, fiel die Lesart des (noch) wenig bekannten Israeli aber deutlich überzeugender aus. Übertreibungen oder Effekthascherei sind Katz‘ Sache also offenbar nicht, nuancierte Übergänge und Zwischentöne dafür umso mehr. Hier spielt einer für Kenner und Genießer. Eigentlich hatte man alles Wesentliche über diesen Künstler verstanden, wenn man das feine Lächeln sah, das über sein Gesicht glitt, während Katz sich und seine Hörer mit Paganini/Liszts aberwitzig virtuosem Zugabenklassiker „La Campanella“-Etüde vergnügte. Das nicht sehr zahlreich erschienene Publikum dankte es ihm, indem es sich ein ums andere Mal eine weitere Preziose als Zugabe erklatschte.