Der 43-jährige Katz begeistert im Konzerthaus Listzs Klavierwerke werden in großer Klarheit vorgetragen Liszts Klavierwerke werden von vielen Pianisten sehr frei gestaltet und mit Pathos und selbstgefälliger Virtuosität zelebriert. Doch warum sollte man bei Liszt nicht einfach mal spielen, was […]
Der 43-jährige Katz begeistert im Konzerthaus
Listzs Klavierwerke werden in großer Klarheit vorgetragen
Liszts Klavierwerke werden von vielen Pianisten sehr frei gestaltet und mit Pathos und selbstgefälliger Virtuosität zelebriert. Doch warum sollte man bei Liszt nicht einfach mal spielen, was in den Noten steht und sich nicht auch auf die strukturelle Ebene der Musik einlassen, ohne ständig seinen Emotionen freien Lauf zu lassen, dachte sich Amir Katz. Ästhetisch tritt er damit in die Fußstapfen von Größen wie Svjatoslav Richter und Maurizio Pollini. Ähnlich wie bei Pollini zu seinen besten Zeiten ist auch Katz‘ Spiel von phänomenaler Klarheit geprägt, wozu eine sehr sparsame Pedalisierung maßgeblich beiträgt. Hinzu kommt, dass seine technischen Möglichkeiten so groß sind, dass er jeder Stimme ihre ganz eigene Farbe und Intensität in Liszts oft orchestral anmutendem Stimmengeflecht zu verleihen vermag.
Der berühmte „Liebestraum Nr. 3“ bildet das Eröffnungsstück des reinen Liszt-Abends am vergangenen Freitag, es folgen die „Konzertetüden“ und nach der Pause die gefürchteten „Transzendentalen Etüden“. Wahrlich ein irrwitzig schwieriges Programm, das nur von erstrangigen Virtuosen zu meistern ist. Dass der 43-jährige Israeli zu diesen gehört, zeigt seine souveräne Darbietung der „Mazeppa“-Etüde. Hier müssen beide Hände ständig springen, um ein dreihändiges Spiel zu simulieren, das den Galopp eines Pferdes darstellt. Bis auf ein paar kleine, in der Konzertsituation unvermeidbare, Fehlgriffe gelingen Katz diese Passagen mit stupender Brillanz. Ein weiterer Höhepunkt ist seine Interpretation der Konzertetüde „Waldesrauschen“. Wie er hier klanglich ein plastisches Bild von durch den Wald fauchenden Winden zeichnet, das ist große Interpretationskunst, basierend auf fabelhafter Pianistik, ebenso wie die Glocken, die er in „Harmonie du soir“ („Abendklänge“) zum Klingen bringt.
Interessanterweise hält Amir Katz seinen sachlichen Interpretationsansatz nicht das ganze Konzert lang durch. So verfällt er in der infernalischen transzendentalen f-Moll-Etüde Nr. 10 in einen virtuosen Rausch, und die elegische „Chasse neige“ wird bei ihm zum kraftvoll bedrohlichen Naturereignis. Mit zwei „Consolations“ von Liszt als Zugaben endete dieser außergewöhnliche Klavierabend im Berliner Konzerthaus.